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Sind Klimaaktivisten Radikale? - von Sonja Wolfer

Ein roter Fingerabdruck auf weißer Leinwand sowie ein Band mit der Aufschrift "Danger"
Gefahr von Klimaaktivisten?

Gedanken einer Autorin, die eigentlich Krimis und satirische Fantasy schreibt

"Du musst die Menschen provozieren, sonst erreichst du sie nicht mehr!"

Kontroverse Ansichten meiner Romanfiguren

© Sonja Wolfer

 

"Du musst die Menschen provozieren, sonst erreichst du sie nicht mehr!", sagt die zweiundzwanzigjährige Klimaaktivistin Eileen Winkler in meinem Kriminalroman „Brennender Schmerz. Sie provoziert, sie geht in die Konfrontation, sie diskutiert und überschreitet Grenzen. Sie kämpft.

Mit anderen Worten, diese Klimaaktivistin tut, was getan werden muss. Sie versucht, unsere Erde zu retten.

 

Oder?

 

Gitte Schlinkert, eine Kioskbesitzerin in fortgeschrittenem Alter sieht das anders: "Ach, heiße Sommer hat es schon immer gegeben. Na ja, da sind die jungen Leute wenigstens beschäftigt und treiben sich nicht auf der Straße um."

Alles also nicht so schlimm? Nur keine Panikmache?

 

Ist das die richtige Sichtweise?

  

Richard Wollenweber, ein Rentner aus Gittes Nachbarschaft geht sogar noch weiter: "Und dann kann ich Ihnen noch was zu den Klimafuzzis sagen. Die treiben sich jetzt überall in Wiedenberg rum. Hab ich im Blick. Holzauge sei wachsam, sag ich immer." 

Klimaaktivisten sind also doch nicht so harmlos, sondern Radikale, vor denen man sich in Acht nehmen muss?

 

Wer hat denn nun Recht? 

Meine Sichtweise und meine Gedanken

Diese drei fiktiven Figuren aus meinem Roman spiegeln drei unterschiedliche Sichtweisen auf den Klimawandel, die gerade jetzt wieder aus aktuellem Anlass aufeinandertreffen. Und ganz sicher existieren noch verschiedenste Varianten bzw. Abstufungen in diesem Diskurs.

 

Im Sendungsarchiv der ARD-Sendung Panorama zum Beispiel finden sich in einem Artikel Begriffe wie "Radikale Klimaschützer", "Radikalisierungstendenzen der Klimabewegung" oder "friedliche Sabotage für den Klimaschutz.“

 

Vertreter:innen der "Letzten Generation" kommen ebenfalls zu Wort. Sie verteidigen ihre Aktionen wie das Festkleben auf Autobahnauffahrten etwa mit der Begründung, dass alle Demonstrationen und Petitionen keinen Erfolg gezeigt haben und die Gefahr eines Klimakollapses immer wahrscheinlicher werde. 

 

Radikale Klimaschützer: Mit Gewalt die Welt retten? | Das Erste - Panorama - Sendungsarchiv - 2022 (ndr.de)

 

Ist das tatsächlich Provokation und Wichtigtuerei oder ist es vielmehr Ausdruck einer sehr großen Angst? Die Angst, dass unser Leben, so wie wir es bislang - zumindest in unseren Breitengraden immer noch führen - bald nicht mehr möglich sein wird? Die Befürchtung, dass unsere Zukunft bald nur noch ein Wunsch ist? 

 

Und wenn wir davon ausgehen, dass diese Sorge berechtigt ist - was ich tue - dürfen Aktivisten aufgrund dieser großen Sorge zu Mitteln greifen, die möglicherweise ebenfalls Schaden anrichten bzw. dies bereits getan haben? Wertvolle Kunstwerke zerstören oder gar Leben gefährden?

 

Zugegeben, das sind viele Fragen, und auf die wenigsten habe ich eine klare Antwort. Aber sie beschäftigen mich, sie treiben mich um.

 

Ich mache mir definitiv viele Gedanken über den Zustand unseres Planeten und mir macht das Angst, alles andere wäre gelogen. Ich bin mit der Gefahr des Sauren Regens und einem Atomaren Schlag während des Kalten Krieges aufgewachsen. Da passierte 1986 Tschernobyl und wir durften keinen Rasen mehr betreten, mussten nach der Schule den direkten Weg nach Hause nehmen. Das hat mir als Kind und Jugendliche bereits Angst gemacht. Leider hat sich die Situation nicht gebessert. Vor wenigen Monaten ging ein Tornado durch eine Nachbarstadt von Soest, durch Lippstadt. Ein Phänomen, das ich bisher nur aus Katastrophenfilmen oder aus den Nachrichten über weit entfernte Länder kannte. Aber doch nicht bei uns!!

Doch, genau diese Dinge geschehen vermehrt auch bei uns. Und die Tatsache, dass andere Teile der Erde schon viel länger unter den Folgen des Klimawandels leiden, dürfen wir durchaus mal bedenken. 

 

Daher halte ich den Klimaschutz und damit das, was Klimaaktivisten tun, für extrem wichtig. Es geht um was, um unseren Planeten und damit um unser Leben - egal auf welchem Teil der Erde!

 

Gleichzeitig fürchte ich, dass radikale, andere gefährdende Aktionen weniger dieser existenziellen Sache dienen, sondern vielmehr denen in die Karte spielen, die damit ihre Vorurteile bestätigt sehen. Wer bewegt sich schon gern aus seiner Komfortzone? Gut, wenn man sagen kann: "Guck, diese Idioten wieder!"

 

Wir alle beschäftigen uns mit dem Klimawandel: Entweder aus Sorge um unsere Umwelt oder aus Sorge um das eigene Portemonnaie - durchaus berechtigt und legitim - oder weil es uns so nervt - was ich ablehne.

 

Und deshalb sind all diese Fragen auch in meinem literarischen Arbeiten Thema - nicht zentral, aber auch nicht wegzudenken. Denn der Klimawandel und damit die Bemühungen um den so notwendigen Klimaschutz sind ebenso Teil unseres Alltags, wie die anderen Krisen, die uns und damit mich sehr bewegen.

 

Mein Kriminalroman spielt im Sommer 2022 - ein sehr heißer und trockener Sommer. Natürlich ist das Thema, wie auch nicht. Manche Szenen spielen in einer Klinik und selbstverständlich tragen die Besucher Masken. Und wie Gitte anmerkt, gibt es da ja auch noch "die Ukraine". All diese Krisen spielen nicht die zentrale Rolle im Kontext der Handlung, doch sie gehören dazu, im oder auch in den Vordergrund gerückt (s.o.), so, wie unsere Realität eben aussieht: Es gibt nach wie vor dieses Corona-Virus und Menschen, die an Covid erkranken und teils sterben. Ob es uns passt oder nicht. Putin kämpft leider immer noch und Menschen sterben jeden Tag, egal ob ukrainische oder russische Menschen. Und der November ist deutlich zu warm. 

 

Während ich diesen Blogbeitrag schreibe, sitze ich bei abgedrehter Heizung in einer kalten Wohnung, da der November (noch) nicht warm genug ist. Bevor ich nachher ins Theater gehe, mache ich einen Corona-Test. Ich werde mein schlechtes Gewissen unterdrücken, weil ich mit dem Auto dorthin fahre und nicht den Zug nehme. Dann hätte ich früher Feierabend machen müssen. 

 

All das gehört zu unserem Alltag, mal mehr, mal weniger. Und deshalb gehört es aus meiner Sicht auch in die Literatur, die sich an der Realität orientiert. Und das wiederum ist möglich, ohne dass einem der erhobene Zeigefinger aus dem Buch entgegenschießt.

 

Entscheiden müssen das schlussendlich meine Leserinnen und Leser :-).

 

Ich bin sehr auf deine Gedanken und Ansichten gespannt!

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